8 - Skyborg

SKYBORG
von Sophie Reyer
Ein Theaterpoem mit imaginären Bühnenbildern von Harald Häuser
ein on-line "Theaterbesuch"
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Dr. Dad läuft zum Computer und will ihn aktivieren, aber Skyborg hämmert auf ihn ein.

Stimme: Systemabsturz.
Hilfe.
Ende.
Absturz.
Enter.


Skyborg: Wie war das nochmal mit der Hand und dem Ausreißen, my dear?


Dr. Dad: Nein.
Bitte nicht.
Ich.


Skyborg: Scheiße.
Jetzt wird mir klar, dass ich ihn liebe.
Auch, wenn er nicht mein richtiger Dad ist.
Ich erkenne, dass ein Unterschied ist zwischen Dr. Dad und einem Stein.
Zu Dr. Dad:
Ich kann Menschen unterscheiden. Ich kann verstehen, was es bedeutet, wenn sich die Linien in ihren Gesichtern ändern. Das kann heißen: „Ich liebe dich.“ Oder
Ich bin wütend.“
Ich kann dir nicht mehr einfach so einfach weh tun wie früher.
Seit du mich abgedreht hast, weiß ich nämlich, wie das ist, wenn jemand dich abdreht.
Und ich will dir das nicht antun.
Verstehst du.

Dr. Dad: Das geht aber nicht.
Du bist eine Maschine.
Du kennst keine Mitmenschlichkeit.
Nein.

Skyborg seufzt und lässt ihn frei. Dr. Dad ringt ihn nieder und drückt wieder auf den Gelähmtheits- Knopf.

Skyborg: Wie gemein.

Dr. Dad: Pass mal auf.
Mein Kleiner.
Wir machen einen Deal.
Ich lasse dich am Leben und optimiere dich.
Und dann fliehen wir.
Hab diese Kraterlandschaft nämlich satt.
Und diese egoistische Mina- Queen. Na, was sagst?
Oder lieber den Ausschaltknopf, der dich für immer ins Schlafland befördert?


Skyborg: In Ordnung.
Dr. Dad lässt ihn frei. Dann beginnt er, zu weinen.
10. Fliehen, fliegen

Skyborg kommt wieder von einem Ausflug zurück.

Skyborg: Hallo.

Dr. Dad: Hallo.

Skyborg: So geil, mit diesem neuen Flügelkleid zu fliegen.
Ich bin mein eigener Avatar.
Hast du den Film gesehen?

Dr. Dad: Klar.
Ich hab ihn dir auf dein Hirnchip getan.

Skyborg: Ja, stimmt.
Ich lass meinen Körper links liegen und flieg rum.
Heut war ich schon ganz hoch oben.

Dr. Dad: Okay.
Dann gehen wir jetzt auf die Reise, mein Sohn.

Skyborg: Ich bin nicht dein Kind.
Es gibt mich nicht. Ich bin ein Programm.
Alles klar?
Dr. Dad: Du hast es begriffen?

Skyborg: Ja.

Dr. Dad: Jede Mimik, jede Geste ist für dich ein Code, den du knacken musst. Du liest Gesichter wie chinesische Schriftzeichen. Du kannst niemandem in die Augen schauen.
No small talk.
No talking at all.

Skyborg: Ja.

Dr. Dad: Du liebst Abläufe.
Du liebst Strukturen.
Die Häuser von oben sind für dich bunte Quadrate.
Du löst alles auf, wie eine Kamera.
Ungepixelt.
Aber was hat das Gefühl da zu tun.

Skyborg: Ich weiß.
Aber weißt:
Ich mag sein wie du.

Dr. Dad: Ich versuchte, dir die Mutter zu ersetzen.
Jeder will sein wie seine Mutter sein.

Skyborg: Und.

Dr.Dad: Aber du bist nur ein Computer.
Du kannst gar nicht werden wie ich.

Skyborg: Ich weiß.
Ich bin ein Programm.
Ich bin aus Stahl.
Wahrscheinlich liebe dich gar nicht wirklich.
Und es ist mir egal, wie du riechst.

Dr. Dad: Stimmt.

Skyborg murmelnd: Auch, wenn du nach Heimat riechst.

Dr. Dad: Was?

Skyborg: Nichts.

Er beginnt, zu weinen.

Dr. Dad: Aber sie doch froh, Skyborg.
Du hast einen Knopf.
Ich kann dich abdrehen.  
Dann ist Ruhe in dir.
Ich muss Wein trinken, damit ich abgedreht werde und die Welt nicht mehr wahrnehme.

Skyborg: Aber wir Computer sind:
begrenzte, sehr eindeutige Bedingungen,
von Natur aus monotropisch,
kontextfrei,

Dr. Dad: Aber ein hochgradig perfektes Medium,
besitzt die Möglichkeiten nonverbalen oder verbalen Audrucks, je nachdem.

Skyborg: Trotzdem: regelgebunden und vorhersagbar - und daher kontrollierbar,
fehlertolerant. Oder?

Dr. Dad: Woher weißt du das?

Skyborg: Das hast du mir auf mein Hirnchip getan.

Dr. Dad: Tatsächlich hast du viel dazu gelernt.
Ich glaub, wir sind an dem Punkt angekommen, an dem wir weiter können.

Skyborg: Ja, du hast Recht.
Du gehörst unter Menschen.


Dr. Dad: Nein, ich weiß es nicht.
Du bist doch ein stärkerer Mensch.
Skyborg: Das täuscht.

Dr. Dad: Warum?

Skyborg: Ich kann nicht sagen: stopp.

Dr. Dad: Ich auch nicht.

Skyborg: Aber du kannst es lernen.
Und du kannst meinen Stopp- Knopf drücken.

Dr. Dad: Ich weiß nicht.
Ach, egal.
Nur fort von hier.
Weg aus den Fängen der Queen.
Lass uns jetzt endlich gemeinsam fliehen.


Skyborg: Deal.
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